
Die Martinsgemeinde als eigenständige evangelische Kirchengemeinde der Lilienthaler Diakonie ist aufgelöst worden. Seelsorgerische Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigungen soll es aber weiterhin geben.
Die evangelisch-lutherische Martinsgemeinde als eigenständige Kirchengemeinde der Lilienthaler Diakonie gibt es nicht mehr. Ende vergangenen Jahres ist sie aufgelöst worden, nachdem die Landeskirche ihre Verfassung geändert und darin den Status der sogenannten Anstaltsgemeinden aufgehoben hatte. Das Ende der Selbstständigkeit bedeutet aber nicht das Ende der seelsorgerischen Arbeit für die Menschen mit Beeinträchtigungen, die in der Lilienthaler Einrichtung leben. Als Bestandteil der evangelischen Kirchengemeinde Lilienthal soll das kirchliche Angebot aufrechterhalten bleiben. "Am Leben in der Martinskirche wird sich nichts ändern. Da wird nichts eingestampft", versichert Jutta Rühlemann, Superintendentin im Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck.
Die kommenden Monate werden weiter im Zeichen des Zusammenrückens stehen. Denn auch wenn die Martinsgemeinde jetzt in der großen Lilienthaler Kirchengemeinde aufgegangen ist, gilt es den Zusammenschluss weiter mit Leben zu füllen. Auf der anderen Seite ist auch klar, dass sich beide Seiten bereits gut kennen und es in der Vergangenheit immer wieder Berührungspunkte gab. Schon als es um die 2015 vollzogene Fusion der Kirchengemeinde St. Marien und der Kirchengemeinde St. Jürgen ging, saßen Vertreter der Martinsgemeinde mit am Tisch. Nun ist das auch offiziell so: Tanja Garms war bis zur Auflösung ehrenamtlich als Vorsitzende des Kirchenausschusses der Martinsgemeinde aktiv, nun gehört sie dem Kirchenvorstand der Lilienthaler Gemeinde an und vertritt dort quasi die Martinskirche samt Stimmrecht.
Superintendentin Rühlemann sieht den nun vollzogenen Schritt auch unter dem Aspekt der Inklusion: Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen seien nun unter dem Dach der Kirchengemeinde Lilienthal vereint, niemand werde ausgegrenzt, jeder bringe etwas nach seinen Möglichkeiten ein. In der Martinskirche hat sie schon des Öfteren Gottesdienste geleitet. Ihre Erfahrung: "Nirgendwo sonst bekommt man als Pastorin eine so unmittelbare Rückmeldung wie dort. Die Stimmung ist besonders. Echt cool", berichtet sie. Den Schritt, die Inklusion voranzubringen, hält sie auch mit Blick auf die aktuelle gesellschaftspolitische Lage in der Welt für wichtig. Schockiert hat sie in die USA geblickt, wo Präsident Donald Trump nach dem tödlichen Flugzeugabsturz in der Nähe des Reagan National Airport in Washington behauptete, dass das Unglück auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zurückzuführen sei. Nach seiner Amtseinführung hatte Trump wie angekündigt flächendeckend Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion gestrichen. Viele Menschen zeigten sich danach besorgt, dass Diskriminierung in den USA wieder gesellschaftsfähig werde.
Auch wenn die Martinsgemeinde aufgelöst ist: Das Kirchengebäude selbst wird auch weiterhin der Lilienthaler Diakonie gehören, sie wird auch weiter das Kirchenhaus unterhalten und auch für die hauptamtliche Stelle von Diakon Helmut Lask aufkommen. Pastor Wildrik Piper hat mit den beiden Diakonie-Geschäftsführern Mara Hopp und Lars Wellbrock über die Auflösung der Kirchengemeinde gesprochen. Beiden sei wichtig gewesen, dass die Kirche auf dem Diakonie-Gelände erhalten bleibt, weil dieser Ort für die Menschen wichtig sei. Auch für die Nachbarschaft stelle die Kirche einen wichtigen Bezugspunkt dar. "Es gibt Patienten in der Klinik Lilienthal, die darauf warten, dass sie das Glockenspiel hören können", berichtet Piper.
Zur Sache
Festgottesdienst in der Martinskirche
Ganz im Zeichen des gemeinsamen Weges soll auch der Gottesdienst stehen, der am Sonntag, 9. Februar, ab 10 Uhr in der Martinskirche nahe der Moorhauser Landstraße gefeiert wird. Jutta Rühlemann wird an diesem Vormittag die Predigt halten, ein Abendmahl ist vorgesehen, Renate Meyhöfer-Bratschke spielt an der Orgel, und im Gemeindesaal gleich nebenan wird es nach dem Gottesdienst Kaffee und Kuchen geben. Alle Mitglieder der Lilienthaler Kirchengemeinde sind eingeladen, in der Martinskirche zusammenzukommen. Dort wird am Sonntag der einzige evangelische Gottesdienst in Lilienthal stattfinden. Die Klosterkirche bleibt an diesem Tag geschlossen.