Die Ritterhuder Pastorin Birgit Spörl glaubt an die transformative Kraft des Wünschens. Sie meint, dass selbst unerreichbare Wünsche die Welt verändern können. Ein hoffnungsvoller Gastbeitrag.
„Was soll ich mir zu Weihnachten wünschen?“, fragt ein Siebzehnjähriger in einem Clip auf Youtube die „Echse“ – eine fast menschengroße Handpuppe, die Michael Hatzius auf Bühnen bespielt. Es entspinnt sich ein kurzes Gespräch darüber, ob er den Führerschein macht. Der ist schon in Arbeit erfahren wir. „Ja weiß nicht, was meint ihr?“ wendet sich die Echse an das Publikum, „was soll er sich wünschen?“ „Ein Auto“, ruft einer, „Weltfrieden“ ein anderer. Alle lachen. Die Echse schaut den jungen Mann an und sagt: „Nimm das Auto!“
Warum sollten wir uns wünschen, was unerreichbar scheint?
Im Moment bereite ich Weihnachtsgottesdienste vor. Neben Liedern, Predigt und manch anderem formuliere ich auch Gebete und die „Fürbitten“, die genau das sind, was das Wort sagt: Bitten hin zu Gott für bestimmte Menschen, Situationen, Bitten für die Welt, dieses Land und unsere nahe Umgebung, auch die Kirche. Manchmal erschreckt es mich, wie sehr der Inhalt der Bitten gleich bleibt – für Menschen in Einsamkeit oder besonderen Bedrohungen, für Menschen auf der Flucht oder im Krieg, für Gerechtigkeit und Frieden und gute Regierungen. Es gibt Durststrecken beim Beten. Ändert es überhaupt etwas? Bleibt die Welt nicht immer, wie sie ist?
Dann denke ich an Einzelne. An Menschen, die Krebs überstanden haben. Jugendliche, die nach schwerer Zeit endlich einen Fuß an den Boden bekommen haben. Menschen, die bleiben durften. Nun kann man sich all das auch ohne Gott erklären, als Zufall, glückliche Wendung, Sieg der Medizin und so fort. Tue ich auch. Und gleichzeitig erkläre ich es mir mit Gott.
Ein Grund dafür ist Weihnachten. Das Geschenk der unglaublichen und unerwarteten Nähe von Gott und Menschen, die mit der Geburt von Jesus Christus angefangen hat. Seitdem ist die Welt nicht mehr, wie sie war. Gott wird Mensch und das große Wort der Versöhnung bricht sich herunter in ein Leben, das für andere gelebt und gestorben und auferweckt wird. Für uns, für mich und dich.
Denn zu glauben verändert das Leben in kleinen Schritten. Weil es ein Weg im Vertrauen darauf ist, dass Gott durch unsere Zeiten mit uns geht. Ich erkläre mir das Leben mit Gott auch da, wo ich der Medizin vertraue, aber auch da, wo trotz aller Versuche keine Hilfe möglich ist.
Weihnachten bleibt nicht nur im Kopf oder im Herzen. Der Glauben verändert das Leben, weil er zum Tun antreibt. Ich möchte nie aufgeben, um den Frieden zu beten, weil ganz sicher nur so die kleinen Schritte erreicht werden können, die auch wichtig sind.
Ich muss an mein Patenkind denken, das über Jahre oben auf den Wunschzettel geschrieben hat: „Ein Pferd“. Und – sehr viel tiefer – „Wenn ich kein Pferd bekomme, dann ...“. Bis heute hat das Mädchen keins bekommen, aber sie hat reiten gelernt, im Stall geholfen, sie unterrichtet inzwischen jüngere Kinder und pflegt ein Pferd mit. Der Wunsch ist Motor geworden. Und vielleicht ist das eigene Pferd inzwischen gar nicht mehr so wichtig.
Darum sollen wir uns weiter Frieden für die Welt wünschen und dafür beten. Wünschen, was unerreichbar scheint, verändert schon hier die Welt – manchmal nur im Kleinen, an einer ganz konkreten Stelle. Vielleicht können wir selbst etwas dafür tun? Ob im Ehrenamt, als Nachbarn oder sogar im Beruf?
Beten schenkt dafür die Hartnäckigkeit und die Motivation. Und dass wir nicht aufgeben oder verzweifeln, wenn es nicht gelingt. Vielleicht kaufen die Eltern dem Sohn ein altes Auto.
Wir wünschen und erbitten und ersehnen weiter: Frieden für die Welt.
Zur Person
Birgit Spörl ist Pastorin in der Gemeinde St. Johannes in Ritterhude. Ihr Gastbeitrag beschäftigt sich mit dem Wünschen – zu Weihnachten und darüber hinaus.