Mehr als 150 Menschen haben sich am Sonntag auf dem Scharmbecker Marktplatz versammelt, um ein Zeichen für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu setzen.
Im Namen des bundesweiten Bündnisses "Zusammen für Demokratie" haben die Rednerinnen und Redner einer gut besuchten Kundgebung auf dem Scharmbecker Marktplatz für eine freie und offene Gesellschaft sowie für gegenseitigen Respekt geworben und zu Wachsamkeit aufgerufen. "Es schreien gerade diejenigen nach Respekt, die ihrerseits nicht bereit sind, ihn anderen Menschen entgegenzubringen", sagte Jutta Rühlemann, Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Osterholz-Scharmbeck, unter lautem Beifall aus der Zuhörerschaft.
Sie machte darauf aufmerksam, dass das Grundgesetz am 23. Mai 2024 75 Jahre alt wird. Dem Aufruf des Bündnisses waren mehr als 150 Menschen gefolgt, von denen ein großer Teil trotz anhaltenden Regens noch ausharrte, als zum gemeinschaftlichen Schlussgesang ("We Shall Overcome") angestimmt wurde.
GEFÄHRUNG DURCH RECHTSEXTREMISMUS
Vor den Gefährdungen, die vom Rechtsextremismus für die im Grundgesetz garantierten Rechte ausgehen, warnten neben der höchsten Repräsentantin des Kirchenkreises auch der Gewerkschaftler Mario Böschen, Utz Weißenfels vom Bündnis für Demokratie OHZ und Jerik Dikkerboom, Aktivist aus der Klimaschutzbewegung, der sich jetzt dem Kollektiv Morgenrot angeschlossen hat.
Weißenfels verwies auf Parallelen zur NS-Dikatur und das Lästern eines Joseph Goebbels über die "Quatschbude" des Weimarer Reichstages. Zehn Prozent der deutschen Bevölkerung eine die Vorstellung, dass man die Gesellschaft mit autoritären Methoden besser führen könnte. "Über Werte wie Demokratie, Freiheit und Wahlen wird gelacht. Und es wird auch Gewalt in Kauf genommen."
Bei dem Hinweis des Linkspartei-Vorstandsmitglieds auf rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten dürften die meisten Zuhörer an den Anschlag vom Sonnabend auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke gedacht haben. So hatte das bei der Kundgebung in Osterholz-Scharmbeck eigentlich nur am Rande behandelte Thema noch auf traurige Weise tagesaktuell an Gewicht zugelegt.
ANGRIFFE AUF POLITIKER
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Überfall in Dresden scharf verurteilt. „Wenn sich der Anschlag wenige Wochen vor der Europawahl als politisch motiviert bestätigt, dann ist diese schwere Gewalttat auch ein schwerer Angriff auf die Demokratie“, so die SPD-Politikerin. „Wir erleben hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt.“
Der Gewerkschaftler Mario Böschen appellierte auf dem Scharmbecker Marktplatz an die "Freunde der Demokratie", im Alltag Zivilcourage zu zeigen, um den Rechtsstaat zu verteidigen, "gegen alle, die an diesem Fundament rütteln". Toleranz und Weltoffenheit seien Markenzeichen einer freiheitlichen Gesellschaft. "Wir wissen aus der Geschichte und von Beispielen aus anderen Diktaturen, welche Gefahren ihr drohen: Weniger Meinungsfreiheit, weniger Pressefreiheit, weniger Versammlungsfreiheit, weniger Menschenrechte."
Die jungen Leute vom Kollektiv Morgenrot, die sich regelmäßig im Kulturzentrum Kleinbahnhof treffen, hatten einen von der Polizei final eskortierten "Sternmarsch" unternommen, um sich der Kundgebung anzuschließen, rote Fahnen schwenkend und schwarze Banner mit der weißen Aufschrift "Jugend auf die Barrikaden – gegen Krise, Krieg und Teuerung" präsentierend. Im Windschatten der Veranstaltung rügte Dikkerboom nicht nur nationalistisches Gedankengut, sondern übte auch jede Menge Kritik am Kapitalismus.